Das Verbraucherinsolvenzverfahren, umgangssprachlich auch Privatinsolvenz genannt, kommt grundsätzlich für natürliche Personen in Betracht, wenn der Antragsteller keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und keine Verbindlichkeiten aus früheren oder gegenwärtigen Arbeitsverhältnissen bestehen. Im Falle der Ausübung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit kann ein Verbraucherinsolvenzverfahren dann in Frage kommen, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners dann, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragsstellung weniger als 20 Gläubiger hat.
Maßgeblich sind mithin die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung.
1. Die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens setzt zunächst das Vorliegen eines Insolvenzeröffnungsgrundes voraus. Entsprechend muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass er zahlungsunfähig ist oder aber die Zahlungsunfähigkeit unmittelbar bevorsteht.
Gemäß § 17 Abs. 2 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit dann vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit besteht dann eine gesetzliche Vermutung, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.
2. Liegt ein Eröffnungsgrund vor, so muss vor der Stellung des Insolvenzantrages beim zuständigen Insolvenzgericht zwingend eine außergerichtliche Einigung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern versucht werden. Hierfür ist die Erstellung eines sog. Schuldenbereinigungsplans erforderlich. In Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuches soll eine Einigung mit den Gläubigern angestrebt und dadurch die Durchführung des Insolvenzverfahrens verhindert werden.
Scheitert der außergerichtliche Einigungsversuch, so liegen die Voraussetzungen für die Stellung des Insolvenzantrages grundsätzlich vor. Von einem Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuches ist bereits dann auszugehen, wenn ein Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan widerspricht oder aber während des außergerichtlichen Einigungsversuchs die Zwangsvollstreckung betreibt.
Bei der Erstellung des Schuldenbereinigungsplans sowie der Durchführung des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens unterstützen wir Sie gerne.
Konnte außergerichtlich keine Einigung mit den Gläubigern erzielt werden, so kann der Schuldner nunmehr einen Verbraucherinsolvenzantrag stellen. Der Insolvenzantrag ist unter Verwendung des amtlichen Vordruckes spätestens 6 Monate nach dem Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs schriftlich beim zuständigen Amtsgericht – Insolvenzgericht – zu stellen. Dem Antrag müssen folgende Unterlagen bzw. Erklärungen beigefügt werden:
Weitere Informationen zu dem erforderlichen außergerichtlichen Einigungsversuch finden Sie hier!
Wurden die erforderlichen Unterlagen vollständig beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht, so überprüft dieses zunächst, ob die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens Erfolg verspricht.
Ist dies nicht der Fall, so wird das Gericht von der Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens absehen und das Insolvenzeröffnungsverfahren unverzüglich fortsetzen. Mit einem entsprechenden Vorgehen ist etwa dann zu rechnen, wenn der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan dem außergerichtlichen Plan entspricht und dieser bereits von der Mehrheit der Gläubiger oder aber den Gläubigern mit den höchsten Forderungen abgelehnt wurde und der Schuldner zu einer Erhöhung seines Angebotes nicht im Stande ist.
Erscheint eine Einigung im Rahmen des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens dahingegen möglich, so wird dieses in die Wege geleitet. Das Gericht stellt den Gläubigern den gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zu und fordert diese dazu auf, innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung zu erklären, ob dieser angenommen wird.
Haben alle Gläubiger dem Plan zugestimmt, so gilt dieser als angenommen. Haben dahingegen einzelne Gläubiger dem Plan nicht zugestimmt, so kann das Gericht auf Antrag des Schuldners die Zustimmung der ablehnenden Gläubiger ersetzen, falls die Kopf- und Summenmehrheit dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt haben. In beiden ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr erforderlich, da zwischen dem Schuldner und den Gläubigern eine Einigung erzielt werden konnte.
Kommt der Schuldenbereinigungsplan nicht zustande, so wird das Insolvenzeröffnungsverfahren fortgesetzt und die Insolvenz grundsätzlich eröffnet.
Mit Eröffnung des Insolvenzantrages wird seitens des Gerichts ein Insolvenzverwalter bestimmt. Gleichzeitig verliert der Schuldner die Befugnis sein pfändbares Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen. Diese Befugnis geht auf den Insolvenzverwalter über, der unter anderem die Insolvenzmasse in Besitz nimmt, verwertet und sodann den Erlös an die bestehenden Gläubiger, nach Abzug der Verfahrens- und Insolvenzverwalterkosten, verteilt.
Grundsätzlich stellt der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung, da andernfalls ein Erlass seiner bestehenden Schulden nicht in Betracht kommt. Hat der Schuldner einen entsprechenden Antrag gestellt, insbesondere auch die zwingend erforderliche Abtretung seiner pfändbaren Einkommensanteile erklärt, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Gläubiger, ob dem Schuldner die Restschuldbefreiung grundsätzlich gewährt werden kann. Wird dies seitens des Gerichts bejaht, so wird die Restschuldbefreiung zunächst angekündigt.
Nach diesem Ankündigungsbeschluss des Gerichts befindet sich der Schuldner sodann in der so genannten Wohlverhaltensperiode, welche höchstens 6 Jahre dauert. Während dieser Zeit tritt der Schuldner seine pfändbaren Einkommensbestandteile zu Gunsten der Gläubiger an diese ab, wobei die Auszahlung an die Gläubiger grundsätzlich über den Treuhänder erfolgt. Sobald der Schuldner sich in der Wohlverhaltensperiode befindet, muss er grundsätzlich nur den pfändbaren Anteil seines Erwerbseinkommens zur Befriedigung der Gläubiger einsetzen. Erwirbt der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode Vermögen, so steht dieses somit dem Schuldner selbst und nicht etwa den Gläubigern zu. Eine Ausnahme besteht etwa dann, wenn der Schuldner erbt. In diesem Fall steht die Hälfte des geerbten Vermögens den Gläubigern zu.
Spätestens nach Ablauf von 6 Jahre endet die Wohlverhaltensperiode. Nunmehr stehen die Dienstbezüge ausschließlich dem Schuldner zu. Die Abtretung entfaltet keine Wirksamkeit mehr. Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode erteilt das Gericht nach Anhörung der Gläubiger, des Treuhänders und des Schuldners grundsätzlich die Restschuldbefreiung, es sei denn, es liegen Versagungsgründe vor. Auf Antrag eines Gläubiger kann die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn der Schuldner einen Obliegenheitsverstoß begangen hat und der Gläubiger den Antrag innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung stellt. Eine solche Obliegenheitsverletzung kann etwa vorliegen, wenn der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung
Die Restschuldbefreiung kann auch dann versagt werden, wenn dem Schuldner in den letzten zehn Jahren bereits Restschuldbefreiung erteilt worden ist oder aber er wegen einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt wurde.
Seit dem 01. Juli 2014 ist es möglich, den Zeitraum bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung zu verkürzen.
1. Bereits nach drei Jahren kann der Insolvenzschuldner Restschuldbefreiung erlangen, wenn dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der ausreichtm die entstandenen Verfahrenskosten und darüber hinaus mindestens 35 Prozent der Forderungen der Insolvenzgläubiger zu befriedigen. Welcher Betrag tatsächlich geschuldet wird, hängt unter anderem von der Höhe der Verfahrenskosten und damit auch von der Laufzeit des Insolvenzverfahrens ab.
2. Gelingt es dem Schuldner zwar nicht, innerhalb von drei Jahren 35 Prozent der Gläubigerforderungen zu befriedigen, kann er allerdings innerhalb von 5 Jahren zumindest die Verfahrenskosten begleichen, so kann ihm bereits nach 5 Jahren die Restschuldbefreiung erteilt werden.Eine Verkürzung des Verfahrens von 6 auf fünf Jahre ist damit durchaus realistisch, wohingegen eine Verkürzung auf drei Jahre aufgrund der hohen Quote, die erfüllt werden muss, wohl auch in Zukunft eher die Ausnahme darstellen wird.
Die rechtskräftige Erteilung der Restschuldbefreiung führt grundsätzlich dazu, dass der Schuldner die bestehenden Forderungen der Gläubiger nicht mehr erfüllen muss. Im Ergebnis ist der Schuldner somit schuldenfrei. Die Restschuldbefreiung gilt auch gegenüber Gläubigern, die ihre Forderung nicht angemeldet haben, selbst wenn diese überhaupt keine Kenntnis vom Insolvenzverfahren hatten. Nach spätestens 6 Jahren kann der Schuldner mithin Schuldenfreiheit erlangen.
Von der Restschuldbefreiung sind diejenigen Forderungen nicht umfasst, welche aus einer vorsätzlichen begangenen unerlaubten Handlung resultieren und seitens des Gläubigers auch entsprechend angemeldet wurden. Auch Geldstrafen und Bußgelder sind von der Restschuldbefreiung ebenso ausgenommen wie zinslose Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.
Seit dem 01. Juli 2014 sind zusätzlich solche Forderungen ausgenommen, die
sofern der Schuldner im Zusammenhang mit dem steuerschuldverhältnis wegen einer Streuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder 374 der Abgabenordnung (AO) rechtskräftig verurteilt worden ist.
Zur Verdeutlichung ist darauf hinzuweisen, dass das Insolvenzverfahren und damit auch die Restschuldbefreiung nur solche Verbindlichkeiten umfasst, welche zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits bestehen. Schulden, welche erst nach Verfahrenseröffnung gemacht werden, sind von der Restschuldbefreiung mithin nicht umfasst.
Erfahrungsgemäß verursacht ein Privatinsolvenzverfahren Kosten in Höhe von etwa 1.500,00 Euro. Umfasst sind hiervon die Gerichtskosten sowie die Kosten des Insolvenzverwalters und Treuhänders. Allerdings müssen Sie diese Kosten grundsätzlich nicht bei Antragstellung aufbringen bzw. vorschießen. Es besteht die Möglichkeit der Beantragung einer Verfahrenskostenstundung für jeden einzelnen Verfahrensabschnitt, nämlich das Insolvenzeröffnungsverfahren, das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren und das Insolvenzverfahren im eigentlichen Sinne. Voraussetzung für einen entsprechenden Antrag ist, dass der Schuldner die Verfahrenskosten nicht aus seinem Vermögen aufbringen kann, was im Falle einer Verbraucherinsolvenz den Regelfall darstellt.
Bei den Verfahrenskosten handelt es sich um Massekosten, welche grundsätzlich zunächst aus der Insolvenzmasse zu begleichen sind. Während der Wohlverhaltensperiode werden die Kosten aus dem pfändbaren Einkommensanteil bedient. Sollten nach Beendigung der Wohlverhaltensperiode und Erteilung der Restschuldbefreiung die Kosten noch nicht vollständig ausgeglichen worden sein, so sind die Kosten nach den Regelungen über die Prozesskostenhilfe zurückzuzahlen. Der Schuldner hat demnach noch 4 Jahre lang Zahlungen entsprechend seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen auf die Kosten zu leisten. Ist er zur Zahlung nicht im Stande, so werden ihm die Kosten 4 Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung erlassen.
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